Was ist die Wertschöpfung einer Gemeinde?

Jesus definierte dies gleich selbst - es schien ihm elementar wichtig zu sein, quasi sein letzter Wille. Zusammengefasst sind es zwei Prozesse: Erstens, Menschen in eine Beziehung zum Glauben an Jesus zu führen und  zweitens, sie zu lehren in dieser Beziehung zu ihm zu leben. Wir können diese beiden Prozesse als die beiden Hauptkernprozesse betrachten. Der Output von den beiden Prozessen ist zum einen, Menschenseelen für die Ewigkeit mit Gott zu gewinnen und andererseits, kontinuierliches geistliches Wachstum. Wie Sie diese beiden Prozesse gestalten, ist bekanntlich recht freigestellt. Es gibt eine Menge unterschiedlicher Arten von Gemeinden, ich würde fast behaupten, jede ist irgendwie anders. Und doch sind sie prozessual auf denselben Schienen unterwegs. Grossartig, nicht wahr? Ich liebe diese Vielfalt und ich kann mir vorstellen, dass es Gott genau so gefällt.

 

Nun gibt es diverse Blockaden oder Hemmnisse, damit diese beiden Prozesse (und alle Subprozesse natürlich auch) fliessen und gut funktionierten. In der Lean Lehre reden wir von Muda (Verschwendung). Wenn ein Prozess Mudas enthält, wird er nie richtig in den Schienen bleiben, es läuft harzig, es quietscht, rüttelt und schüttelt oder wird sogar entgleisen. Kurzum, man merkt in der Regel, dass da etwas nicht rund läuft. Allerdings nicht immer.

 

 

Normaler Alltag, hektische Abläufe?

Lassen Sie mich eine kurze Anekdote aus einer Beobachtung in einem Spital berichten. Eine Abteilung welche der Meinung war, dass bei ihnen alles gut lief, lud mich zu einer Hospitation ein, um ihre Abläufe unter die Lupe zu nehmen. Zu Beginn sprach ich mit der Abteilungsleiterin, welche meinte, dass man eigentlich nicht viel verbessern könne. Es sei ein hervorragendes Team, die Zusammenarbeit sei sehr kollegial und das medizinische Patientenhandling überaus professionell. Ich war gespannt und liess mich überraschen. Wir starteten morgens um 7.00 Uhr. Gleich zu Beginn informierte sich jede Mitarbeitende auf der Planungstafel, was denn heute ansteht. Mir fiel auf, dass zwei Patienteneintritte zur gleichen Zeit bei der gleichen Mitarbeiterin eingeplant waren. Ich fragte nach, wie diese Mitarbeiterin dies zu managen gedenke. Die Antwort der Abteilungsleiterin war, dass das gar kein Problem sei. Das sei normal und kann ohne weiteres bewältigt werden. Es war ein ruhiger Tag - eigentlich ohne Hektik. Punkt 10.00Uhr kam die erste Patientin auf die Abteilung und wartete. Die zuständige Mitarbeitende war aber weit und breit nicht zu sehen, anscheinend gab es plötzlich Komplikationen bei einer Routinearbeit an einem Patienten. Eine erste Kollegin kam aus dem Stationszimmer um sie zu begrüssen und mitzuteilen, dass gleich jemand kommt, sie selber sei aber nicht zuständig. Lustigerweise wiederholte sich das vier Mal. Diese fünf Mitarbeitenden unterbrachen ihre eigene Arbeit um jemandem mitzuteilen, dass sie nicht zuständig waren. Plötzlich stand die zweite Patientin auf der Abteilung. Das Prozedere wiederholte sich. Es stellte sich dazu noch heraus, dass die zweite Patientin kein Wort Deutsch konnte, ein Dolmetscher musste also ad hoc organisiert werden. Es war ca. 10.10 Uhr - von Ruhe keine Spur, es war hektisch wie in einem Bienenhaus. Konzentrierte Arbeit sieht anders aus, dachte ich bei mir. Die eine Patientin wurde dann erstmal in ihr Zimmer eingewiesen, bis sich herausstellte, dass sie gar nicht ins Zimmer muss sondern zuerst ein Röntgen anstand. Es musste jemand seine Arbeit liegen lassen, um sie in die Radiologie zu begleiten. Diese Person verliess den PC ohne zu speichern. Eine Minute danach setzte sich jemand anderes daran und die Daten waren verloren. Irgendwann, ca. Um 10.35 Uhr war dann alles wieder gemächlich unterwegs - es war ja ein ruhiger Tag. Ich fragte darauf hin die Abteilungsleiterin, was sie denn dazu meinte. Sie fragte verdutzt: "Warum? Es ist doch alles gut gegangen. Das läuft bei uns immer so."

 

Ihre Reaktion verblüffte mich. Aber sie hatte recht, aus ihrer Perspektive haben alle Patienten überlebt, der selbstinszenierte Notfall konnte gemanagt werden. Wo ist also das Problem? Ich musste etwas lächeln, allerdings nicht lange. Denn bei dem Gedanken, wenn nun viel Arbeit angestanden hätte und dann genau so ein Chaos entstanden wäre, weiss ich nicht, ob alle Patienten noch sicher behandelt worden wären. Ich bezweifle es stark. Denn in hektischen Situationen, bei Arbeitsunterbrüchen und nicht abgestimmten Prozessen passieren die meisten Fehlerquoten.

 

Das Tragische an der Situation war, dass man gar nicht merkte, dass da etwas nicht gut war. Diese Sicht hat einen bekannten Namen: Wir reden in solchen Fällen von Betriebsblindheit. In solchen Fällen hilft ein externer Beobachter oder Berater, weil man die eingespielten Muster nicht mehr erkennt. Oder nicht erkennt, was daran vielleicht nicht so gut ist oder auch das Gegenteil, dass man gar nicht merkt, wie gut man eigentlich ist. Die Anekdote allerdings zeigt ein eher typisches Beispiel, warum ich des Öfteren in Abteilungen eingeladen werde, nämlich weil man selber nicht mehr sieht, wo Prozesse suboptimal laufen.

 

 

Der erste Schritt zur Wertschöpfung ist, zu definieren, was Wert ist.

Um die Wertschöpfung zu ermitteln gibt es verschiedene Tools. Erfreulich ist, dass es in jedem Fall funktioniert. Wer herausfinden will, was in seinem Prozess Wert generiert, wird es herausfinden. Ebenso können Sie diesen Wertstrom gestalten und wertschöpfende Elemente hinzufügen. Genau so können Sie es aber auch von der anderen Seite her angehen, decken Sie die Elemente auf, welche keinen Wert bringen und wenn möglich, eliminieren Sie sie. Hier gehen Sie nach den 7+1 Verschwendungen vor, welche ich in einem anderem Teil des Blogs näher bringen möchte. Die Erfahrung zeigt, dass man diese Verschwendungen nach einer Weile nicht mehr sieht, weil man sich daran gewöhnt hat, wie mein Spital-Beispiel oben zeigte.

 

Den wertschöpfenden Prozess zu ermitteln ist Knochenarbeit. In der Regel dauern solche Workshops 2 bis 3 Tage Arbeit. Solche Workshops sollten gut vorbereitet sein und professionell geführt, sonst verzettelt man sich und das Ergebnis ist unklar oder unpräzise. Verschwendungen aufdecken kann man ebenfalls in solchen Workshops, aber es gibt auch eine weitere Methode, sie nach und nach zu entdecken und zwar mithilfe von Kaizen Boards (auch shop floor boards) genannt. Dies ist eine einfache KVP Methode, welche bei den Mitarbeitenden sehr beliebt ist. Auch dazu schreibe ich in einem weiteren Blog.

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